Immobilieninvestitionen und Standortwahl - der Ausweg in die Peripherie der Metropole?

22 October, 2021

Die Nachfrage nach Immobilieninvestitionen hat sich auch in den Zeiten der Pandemie im Wesentlichen nur in einigen gewerblichen Segmenten reduziert. Nach wie vor sind bei privaten und institutionellen Investoren besonders Wohnimmobilien in den unterschiedlichen Entwicklungsphasen oder im Bestand eine heiß begehrte Ware. Der innerstädtische Markt ist jedoch schon seit einigen Jahren relativ weit "abgegrast", deshalb sind zunehmend auch eher überschaubare Städte und Ortschaften an der Peripherie der Hansestadt in den Fokus von Initiatoren und Anlegern geraten. Einige haben zwischenzeitlich den Sprung über die Stadtgrenzen hinaus schon gewagt, damit teilweise langjährig eingefahrene Gleise verlassen. Viele sind jedoch zögerlich in ihren Entscheidungsprozessen, taxieren vorab die Unwägbarkeiten. Welche Kriterien können die Entscheidung für ein Votum in den Kommunen der Peripherie beeinflußen? Lohnt sich ein eventuell erhöhter personeller und logistischer Aufwand?

Die Zugänglichkeit und Fähigkeit der jeweiligen kommunalen Verwaltung gegenüber neuen externen Investoren und Bewerbern ist sicherlich ein nicht unerheblicher Beweggrund bei einer Entscheidung. Häufiger werden aber lokale Märkte durch jahrzehntelang ansässige und gut in der Sphäre vernetzte örtliche Unternehmer geprägt, die Außenstehenden den Zugang zum Immobiliengeschehen nicht unbedingt erleichtern. Das ist aber seltener Resultat einer bewußten oder planvollen Entscheidung, sondern eher Ergebnis einer langjährigen prozessualen Entwicklung.

Mit dem Gründungsdatum 1970 ist Norderstedt immer noch eine sehr junge Kommune, ein Konglomerat, das sich bis heute erkennbar polyzentrisch präsentiert. Exemplarisch ist hier auch ein Immobilienmarkt vorhanden, der aufgrund der Historie durch einflußreiche Lokalmatadoren geprägt ist. Wenn der markante ortsansässige Einzelhandelsunternehmer seine Funktion und den vorteilhaften Standort am "Norderstedter Tor" aufgeben möchte, dann muß die Begeisterungsfähigkeit auswärtiger Investoren oftmals erst geweckt werden. Für Viele wird zunächst eine Terra incognita betreten.

Die klimapolitische Agenda mit ihren vielfältigen Facetten, fortlaufenden Novellierungen des EEG, bestimmt immer mehr und forcierter den Immobilienmarkt. Die Vision einer autogerechten Stadt ist heute längst obsolet. Ein gut funktionierender ÖPNV mit kundenfreundlichen Taktzeiten wird zu einem durchschlagenden Pro bei der Standortwahl. Kommunen wie Reinbek, Ahrensburg oder Norderstedt sind vorteilhafter in den ÖPNV eingebunden. Bei einer konkreteren Anayse eröffnet sich aber auch, dass zum Beispiel nicht alle S Bahnlinien eine vollwertige Funktion aufweisen. Die Störanfälligkeit der S Bahn ab Neugraben ist schon beinah legendär, auch weil das S Bahngleis hier für den gesamten Bahnverkehr bis Stade zur Verfügung stehen muß. Andernorts blockieren "endlose" Planungs- und Bauzeiten eine finale Standortenscheidung. Der Ausbau der S 4 nach Bad Oldesloe läuft, bis zur Fertigstellung wird aber noch reichlich Elbwasser in die Nordsee fließen.

Lüneburg, Buxtehude und Reinbek sind städtische Kommunen mit einer historisch gewachsenen Identität. Spürbar zur Geltung gebracht wird sie auch durch die Bürger und ihre vielfältigen Organisationen. Die Stadt Reinbek verfügt über eine Kaufkraftkennziffer von 118. Die gute ökonomische Situation ist insgesamt besonders charakteristisch für den Süden des Kreises Stormarn. Der Kreis gehört zu den wohlhabendsten Gebietskörperschaften in ganz Deutschland. Die wirtschaftliche Prosperität ist im Ortsbild visuell auch aufgrund der vorhandenen Bausubstanz erlebbar. Ad hoc ein Votum für den Standort, insofern hier überhaupt Flächen und Immobilienanlagen angeboten werden.

Eher ein Gegenmodell der historisch gewachsenen Kommune präsentiert am südwestlichen Stadtrand die Gemeinde Neu Wulmstorf, die bis heute auch aufgrund großflächiger Erschließungsgebiete ein anhaltend hohes Bevölkerungswachstum erlebt. Alleinig anhand der Bevölkerungszahl, ist hier schon lange eine Stadt entstanden. In einem Votum der Bürger, wurde jedoch, bis heute eine entsprechende Änderung in der kommunalrechtlichen Ausweisung abgelehnt.

Im Vergleich präsentieren sich die Immobilienpreise und ihre Entwicklung im angrenzenden Südwesten der Hansestadt noch relativ "human". Verschiedene Statistiken weisen hier zum Beispiel für Ein- und Zweifamilienhäuser im Bestand ungefähre Kaufpreise zwischen € 2.400,- bis ca. € 3.000,- je Quadratmeter aus. In etwas größerer räumlicher Distanz in und um Wischhafen an der Elbe war es bis vor einigen Jahren de facto in der Symbolik nur bei Ausführung eines "doppelten Rittbergers" möglich, eine Käuferin oder einen Käufer für eine ansonsten marktgängige Immobilie zu begeistern.

Der Verfasser war vor nicht allzu langer Zeit nordöstlich im idyllisch schönen Lauenburg an der Elbe unterwegs. Was ist hier eigentlich aus dem lange geplanten Hotelprojekt im Schloßgarten geworden? Wie lange ermöglichen hier noch eine räumliche Distanz und eine relativ bescheidene Verkehrsinfrastruktur den Dornröschenschlaf?

Michael Witt                                                                                                                       Oktober 2021

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