Altona-Ottensen - "hautnah" erlebbarer urbaner und einhergehender wirtschaftlicher Wandel

22 March, 2023

Beinahe wie unter einem Brennglas war und ist der urbane und einhergehende wirtschaftliche Wandel in Altona-Ottensen bis heute "hautnah" erlebbar. Wahrscheinlich eindeutiger, unmittelbarer, als an vielen anderen Orten.

Unten am Elbufer gab es tatsächlich einmal bis Anfang der 80er Jahre einen pulsierenden Fischereihafen. Direkt am Hafen gelegen war für ein Takelagehersteller wie Mewes und von Eitzen jahrzehntelang das Geschäft gesichert. Der durch den Geesthang gegrabene Schellfischtunnel vereinfachte bis in die 90er Jahre hinein den Transport des Seefisches in das Zentrum von Altona-Ottensen. Zu diesem Zeitpunkt war der Fischereihafen aber eigntlich schon lange mausetot. Auch die nationalen Trawler waren zwischenzeitlich endgültig nach Cuxhaven, Bremerhaven und später weiter in die Niederlande und nach Dänemark abgewandert.

Oben auf dem Geestrücken in Ottensen veränderte sich immer zügiger die Landschaft der ansässigen kleineren und mittelständisch geprägten Unternehmen. Bauliche Gestaltungen mit neuen Nutzungen wurden etabliert. Ein bekannter fischverarbeitender Betrieb wie die Firma Friedrichs verließ den traditionsreichen Standort in der Borselstraße um die Jahrtausendwende. Heute befindet sich dort ein in nobler anglizistisch anmutender Architektur errichtetes gemischt genutztes Quartier. Der Fischproduzent Friedrichs hat nach einer längeren Odyssee, mittlerweile an anderen Standorten platziert, Ende 2022 endgültig seinen Betrieb eingestellt. Ein Schwergewicht wie der Maschinenbauer Fette vom Spritzenplatz hatte sich schon relativ früh nach Schwarzenbek verabschiedet. Später, 1979, stellte die Schiffsschraubenfabrik Zeise in der Bahrenfelder Straße ihren Betrieb ein. Nach Zeiten des Leerstands hat sich dort ein Kulturzentrum etabliert. Zwischenzeitlich hatte sich in den Räumen von Fette auch ein größerer Spielwarenhandel eingemietet. In den 2000er Jahren wurde das vorteilhaft gelegene und komplex verdichtete Areal nach einem Gerangel mit dem Denkmalschutz und Bauamt endgültig von einem Projektentwickler wachgeküßt.  

Der Bau des in der Ottenser Hauptstraße 1995 eröffneten und heute florierenden Einkaufszentrums Mercado hatte sich im Vorfeld zu einem heiklen Politikum entwickelt, weil das zum Abbruch freigegebene Hertiekaufhaus auf dem Gelände eines jüdischen Friedhofs errichtet worden war. Erst nach Schlichtung durch einen Oberrabiner konnte eine befriedigende Lösung erabeitet werden. Das Erdreich blieb weitgehend unangetastet. Die Tiefgarage wurde durch ein Parkdeck ersetzt.

Es war beileibe nicht nur der Aktionismus der großen Akteure, der Altona-Ottensen verändert hat. Auch für die Schiffahrt ehemals notwendige, eher überschaubare, Farbenfabriken schlossen ihre Pforten. Ein Unternehmen wie Maleco konnte jedoch auch Dank hilfreicher Unterstützung der Wirtschaftsförderung seinen Betrieb in einem räumlich relativ nahen Gewerbegebiet in der Schützenstraße fortsetzen. In der Enge des traditionellen Standortes im Kreuzungsbereich Fischers Allee/ Holstentwiete wurde die Produktion auch aufgrund behördlicher Auflagen immer schwieriger. Konfliktreich auch die kurze Nachbarschaft von Produktion und Wohnen. Die Ausweisung als Mischgebiet erleichterte die bauliche Transformation zu einem Wohnquartier. Realisiert wurde das Projekt schließlich von einem traditionsreichen Unternehmen der hanseatischen Immobilienwirtschaft. Mit der baulichen und architektonischen Umsetzung war das Hamburger Büro HS Architekten beauftragt.

Für den in der Nachbarschaft Am Born ansässigen Toyota Händler wurde es schon um die Jahrtausendwende eher "unbequem". Bei der weiteren Grundstücksentwicklung war es hier aber nicht unvorteilhaft, dass die unmittelbar benachbarten gewerblichen Liegenschaften in der Erdmannstraße, dabei war auch ein ehemaliger Naturdarmproduzent, mit abgängigen Bausubstanzen versehen waren. Im begehrten Zentrum des Quartiers wurde somit der Weg frei, für ein etwas großflächigeres Wohnungsbauvorhaben des Altonaer Spar- und Bauverein eG.

Der Verfasser möchte hier zunächst einen "Cut" machen.

Die Erzählung von der Transformation in Altona-Ottensen hört bis heute natürlich nicht auf. Es ist eine unendliche Geschichte. Auf der anderen Seite des immer noch beherrschenden Bahnareals ist zwischenzeitlich ein Teil der "Neue Mitte Altona" entstanden. Ein stark verdichtetes Quartier mit hohem Anteil an versiegelten Böden. Ein Mehr an Grünflächen wäre wahrscheinlich wünschenswert gewesen, jedoch nicht unbedingt ökonomisch sinnvoll. Die benachbarte Liegenschaft der Holsten Brauerei hat sich zum Problemfall entwickelt. Im Zentrum des aktuellen Geschehens ist aber die Verlagerung des Fernbahnhofs Altona zum Diebsteich. 

Eine Erkenntnis bleibt, Entwicklungsprozesse sind langwierig, zeitlich nur bedingt planbar, viel komplexer als ursprünglich vermutet, oftmals auch kontrovers. Wohin geht die weitere Reise?

N. N.

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